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27.11.2004 KLAUS STICKEN
 

Darmstädter Echo vom 29.11.2004:

Märchen und Legenden


DARMSTADT. Mit einem originellen Programm stellte sich der aus Goslar stammende Pianist Klaus Sticken auf Einladung der Chopin-Gesellschaft im Darmstädter Kennedy-Haus vor. Fantastische Figuren und Szenen aus Märchen und Legenden prägten die vier Werke, die von der Klassik bis zu den Anfängen der Moderne reichten. Clementis letzte Klaviersonate „Didone abbandonata“ (1821) ist als tragische Szene gedacht, in der Dido, Königin von Karthago, ihre pathetische Klage anstimmt, nachdem Aeneas sie verlassen hat. Sticken stellte seine beachtliche Anschlagskunst in den Dienst einer ausdrucksstarken Interpretation, die im Kopfsatz ein wenig unter zu starken Temposchwankungen litt.

Die beiden „Franziskus-Legenden“ von Liszt spielte Sticken mit ausgefeilter Fingertechnik und großer dynamischer Palette. Beeindruckend die Trillerketten der Vogelpredigt wie die rollenden Passagen der Meereswogen. Die selten zu hörenden „Märchenbilder“, die der erst dreizehnjährige Wolfgang Korngold 1910 komponierte, sind Zeugnisse eines Wunderkindes, das sich traumwandlerisch im spätromantischen Stil bewegt und einen vollgriffigen, fast überladenen Klaviersatz pflegt. Sticken betonte die Pointen in Charakterstücken wie „Rübezahl“, „Wichtelmännlein“ oder „Das tapfere Schneiderlein“.

Die halsbrecherischen Schwierigkeiten des „Gaspard de la nuit“ von Ravel sind für Sticken kein Problem. Er meisterte die pianistischen Raffinessen mit flinken Fingern und ließ etwas von der Dämonie spüren, die diesen fantastischen Bildern innewohnt. Faszinierend der Klangsinn, mit dem er die Akkordschichtungen durchleuchtete.

tp 29.11.2004

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