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14.10.2006 KEVIN KENNER |
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Darmstädter Echo vom 16.10.2006:
Wie ein Wüstensturm
Konzert: Kevin Kenner eröffnet den Chopin-Klavierwettbewerb in Darmstadt
DARMSTADT. Seit 1983 veranstaltet die in Darmstadt ansässige Chopin-Gesellschaft in dreijährigem Turnus einen Klavierwettbewerb, der inzwischen internationales Niveau und Renommee erreicht hat. Diese stolze Entwicklung wurde denn auch am Samstag in allen Grußworten zu Beginn des Eröffnungskonzerts des achten Europäischen Chopin-Klavierwettbewerbs in der Darmstädter Orangerie gerühmt. Der amerikanische Pianist Kevin Kenner, der 1990 den Warschauer Chopin-Klavierwettbewerb gewonnen hatte, setzte mit seinem fulminanten Klavierabend hohe Maßstäbe für die 43 Teilnehmer, vorwiegend aus osteuropäischen und asiatischen Ländern, die sich diesmal angemeldet haben.
Kenner stellte Werke von Chopin zwischen Kompositionen von Mozart und Paderewski, um stilistische Verflechtungen deutlich zu machen. Mozarts F-Dur-Sonate (KV 332) scheint bei den Pianisten derzeit besonders beliebt zu sein, in Darmstadt war das Werk innerhalb kurzer Zeit dreimal zu hören: nach Gil Sullivan und Elisabeth Leonskaja bot Kevin Kenner es nun in einer sensiblen, schwerelosen Interpretation, die ein wenig romantisierend wirkte. So rückte er das fein ziselierte Adagio in die Nähe der Nocturnes von Chopin, und das brillante Finale gewann balladeske Züge.
Bei seiner Deutung der Balladen f-Moll und g-Moll von Chopin lotete der Pianist die enormen musikalischen Gegensätze aus: zwischen sensiblem, zartem Anschlag und kraftvollem, wenn auch niemals hartem Zugriff zeigte er ein Fülle von Nuancen, die in den Dienst groß angelegter Steigerungen gestellt waren.
Nach der Pause wandte sich Kenner den folkloristischen Wurzeln Chopins zu. Er spielte die drei Mazurken op. 59 wie einen geschlossenen Zyklus und hob dabei neben den federnden Rhythmen die harmonischen Kostbarkeiten hervor. Unmittelbar schloss er die große fis-Moll-Polonaise an, deren Spannweite zwischen ungestümer Attacke und lyrischem Verweilen mitreißend nachempfunden war.
Paderewski, der polnische Pianist, Komponist und Staatsmann, der sich um die Herausgabe der Werke Chopins besonders verdient gemacht hat, war schließlich mit zwei Stücken vertreten, die ihn, den Zeitgenossen Debussys, als Vermittler zwischen Romantik und Impressionismus ausweisen. Auf das zarte Nocturne B-Dur folgte das Stimmungsbild „Dans le désert“, das im wirbelnden Tremolo der beiden Hände einen wahren Wüstensturm entfacht. Effektvolle Virtuosität und tonmalerische Fantasie sind hier in Form einer Toccata miteinander gekoppelt. Nach dem begeistertem Beifall der vielen Zuhörer spielte Kenner noch feinfühlig Chopins nachgelassenes cis-Moll-Nocturne als Zugabe.
Die drei Etappen des öffentlichen Wettbewerbs sind in der Darmstädter Akademie für Tonkunst bis 24. Oktober, jeweils ab 9 und ab 15 Uhr. Am Mittwoch, 25.Oktober, ist um 20 Uhr das abschließende Preisträgerkonzert in der Orangerie.
Klaus Trapp 16.10.2006
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