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17.05.2008 KLAVIERABEND PERVEZ MODY
 

Darmstädter Echo vom 19.05.2008:

Zwei Seiten der Medaille

Klavierabend: Pervez Mody bei der Chopin-Gesellschaft: Mehr Technik als Poesie

DARMSTADT. Bis zur ersten Hälfte seines Programms mit romantischer Musik von MacDowell, Chopin, Grieg, Mussorgsky und Schumann war der Gesamteindruck ausgeglichen. In der zweiten Hälfte seines Klavierabends bei der Chopin-Gesellschaft im Darmstädter Literaturhaus kippte die Stimmung. Als der indische Pianist Pervez Mody nach Ablauf von zwei Stunden und mäßigem Applaus begann, Zugabe um Zugabe zu spielen, war das Niveau flach, zumal seine eigenen Komposition, die nur auf draufgängerische Artistik angelegt waren. Lediglich Chopins Etüde ganz am Ende rettete die Situation.

Sympathisch machten den 1968 in Bombay geborenen Pianisten die kleinen Moderationen. So erfuhr der Hörer Wissenswertes über die Werke Mussorgskys. „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“, geschrieben für Orchester, spielte Mody in Rimsky-Korssakows Klavierbearbeitung. Das Werk beschreibt in feurigen Farben den grauenerregenden „Hexensabbat“, den Tanz der Hexen in der Johannisnacht auf dem Berg Triglaw. Ungestüm und mit enormen manuellen Fähigkeiten rannte Mody hier gegen die Flut der Schwierigkeiten an.

Defizite wurden ebenso hörbar bei Schumann. Mody nahm den programmatischen Zyklus „Carnaval“ op. 9 ins Visier. Bisweilen wählte er halsbrecherische Tempi. Da geriet die Sicherheit etwas seelenlos, was schon in den beiden Chopin-Scherzi op. 20 und op. 39 angeklungen war. Seine Technik hätte eine durchaus reifere Interpretation zugelassen. Doch der poetische Zugang gelang ihm nicht. Zu rational war wohl sein Denken.

Am besten gelang Mody die Auswahl von sechs der 66 „Lyrischen Stücke“ von Grieg. Ins „Notturno“ glitt er fast nahtlos von Chopin hinüber. Kühn, wie Mody das humorvolle Grausen des Kobolds (op.71, 3) herausarbeitete und wie wunderbar kontrastreich die „Elegie“ op. 38 ausfiel. Im „Trolltog“ charakterisierte der Pianist mit enormen dynamischen Möglichkeiten das märchenhafte Wesen dieser Figur, hatte aber in seiner Pedalisierung eine gewöhnungsbedürftige Art, so dass der „Hochzeitstag auf Troldhaugen“ (op.65, 6) die norwegische Schlichtheit eines ursprünglichen Liedes verlor.

Manuel Stangorra
19.5.2008

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