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29.01.2011 KLAVIERABEND - MARTIN KASIK |
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Darmstädter Echo vom 31.01.2011:
Aus der Distanz
Klavierabend: Beim Neujahrskonzert der Chopin-Gesellschaft glänzt Martin Kasik
DARMSTADT. Einem reinigenden Gewitter, das ein Gefühl wohltuender Klarheit hinterlässt, glich das Presto aus Beethovens siebter Klaviersonate, die der tschechische Pianist Martin Kasik zum Auftakt des Neujahrskonzertes der Chopin-Gesellschaft im Darmstädter Kennedyhaus spielte. Punktgenau auf die Tasten niederprasselnd, verlieh sein kernig prägnanter Anschlag jedem Ton feste Substanz und klar umrissene Konturen. Der äußerst direkte Klang der Töne, deren Leuchtkraft kein weichzeichnendes Pedal verklärte, erweckte den Eindruck kraftvoll gemeißelter Klassizität. Eine kristallklare Linienführung bestimmte auch das tiefmelancholische Largo, in dem es dem Prager Pianisten gelang, zwischen den einzelnen Tönen eine Binnenspannung zu kreieren, die auch im zartesten Piano eine ungeheure Eruptionskraft bereit hielt. So schienen selbst die verhaltensten Töne kurz davor zu explodieren.
Einen feurigen Funkennebel entfachte der Pianist, dem 1998 als Gewinner der renommierten „Young Artists Competition“ in New York der internationale Durchbruch gelang, in Smetatas Furiant aus den „Tschechischen Tänzen“. Bei aller Klanggewalt, die Kasik den Tasten entlockte, schien der Pianist allzu heftigen Gefühlsausbrüchen jedoch zu misstrauen. Die deutliche Abneigung gegen jegliche Form von Pathos zeigte sich nicht nur in der brillanten Strenge der von ihm gespielten Beethoven-Sonate, sondern auch in seiner Lesart Chopins. So dominierten in seiner Interpretation der Ballade in g-Moll vor allem die nachdenklichen Töne. Sich mit großer Sensibilität in die Musik einfühlend, ließ er sein Spiel selbst in den explosiven Fortepassagen niemals von den Emotionen fortreißen und bewahrte geschmeidige Eleganz.
Während sich diese Spielweise für Chopins träumerische Nocturnes und die feinsinnig auf den Punkt gebrachten Mazurken als ideal erwies, schien sie in der g-Moll-Ballade wie in der „Grande Polonaise brillante“ dennoch zu kurz zu greifen. Über dem meisterlichen Modellieren der Klänge versäumte Kasik die existenzielle Gewalt der musikalisch formulierten Gefühle. Der Pianist wählte die distanzierte Rolle des Interpreten, der die klar abgesteckten Grenzen des rein Musikalischen nie überschritt. Diese Rolle allerdings beherrscht der mit enthusiastischem Beifall gefeierte Künstler mit meisterhafter Perfektion.
Von Silvia Adler
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