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09.04.2011 DUO ITHAY KHEN U. MAYUKO MIYATA
 

Darmstädter Echo vom 11.04.2011:

Kompromisslos zum Kern

Konzert - Es muss nicht immer Klavier sein: Frédéric Chopin als Komponist für Violoncello

DARMSTADT. Als begnadeter Klavierkomponist hinterließ Frédéric Chopin für andere Instrumente nur ein äußerst schmales Oeuvre. Immerhin vier Werke widmete er dem Violoncello, das dem ausdrucksvoll kantablen Charakter seiner Kompositionen besonders zu entsprechen scheint. Zwei davon erklangen am Samstag zum Auftakt des Duo-Abends, den der israelische Cellist Ithay Khen und die japanische Pianistin Mayuko Miyata auf Einladung der Chopin-Gesellschaft im Darmstädter Kennedyhaus bestritten.

Mit zündendem Temperament intonierten die beiden Musiker die in den Jahren 1829/30 entstandene „Polonaise brillante“ op. 3. Die leidenschaftliche, auf großem Spannungsbogen zelebrierte Cello-Linie stand in reizvollem Kontrast zu dem sprunghaft überschäumenden, tänzerischen Klavierpart. Rhythmisch und dynamisch sensibel aufeinander abgestimmt, lieferten sich die beiden Instrumente einen intensiven Wettstreit an Ausdruckskraft. Während sich die Pianistin auch in den kraftvoll auftrumpfenden Passagen eine weich abgerundete Tongebung bewahrte, scheute der Cellist, bei aller berückenden Klangschönheit seines Spiel auch die härteren, schroffen Töne nicht. Statt parfümierte Klangsüße aufzutragen, konzentrierte er sich unbeirrbar auf den emotionalen Kern der Musik, den er mit seismografischer Genauigkeit freilegte.
Die Kompromisslosigkeit, mit der das Duo den Chopins Werken innewohnenden dramatischen Konflikten zum Durchbruch verhalf, zeigte sich auch in der selten gespielten Sonate in g-Moll op. 65. Flammend und tieftraurig zugleich verschlug die emotionale Wucht der Musik dem Publikum hierbei regelrecht den Atem. Hinter jeder scheinbaren Beruhigung des musikalischen Flusses verbarg sich unheilvolles Getriebensein; selbst die verzauberte Atmosphäre des „Largo“ schien von Vergänglichkeit und Melancholie überschattet.
Ein reiches Spektrum an Klangfarben entlockte die expressive Interpretation des Cellisten und blumig duftende, eindringlich präsente Tongebung der Pianistin auch „Fünf Stücken im Volkston“ von Robert Schumann und dessen wunderbar kontrastreich musizierten „Fantasiestücken“.

Silvia Adler
11. April 2011

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