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14.10.2011 ABSCHLUSSKONZERT MEISTERKURS
 

Darmstädter Echo vom 17.10.2011:


Die Besten lernen am meisten


Konzert: In der Orangerie in Darmstadt spielen die Teilnehmer des Meisterkurses für Pianisten vor allem Liszt und Chopin



 

Feinarbeit am Klangdetail im Unterricht bei Boris Bloch (vorne): Das Foto zeigt den Leiter des Darmstädter Pianisten-Meisterkurses bei der Arbeit mit dem russischen Studenten Vladimir Matusevich. Foto: Claus Völker

 

DARMSTADT. Vor 200 Jahren wurde Franz Liszt geboren. Deshalb spielten die Studenten des 20. internationalen Meisterkurses für Pianisten der Chopin-Gesellschaft in Darmstadt beim Abschlusskonzert am Freitag in der Orangerie vorrangig seine Kompositionen.
Zuvor hatten die neun jungen Pianisten aus Russland und der Ukraine, Polen und Südkorea, Weißrussland und Deutschland eine Woche lang Unterricht von Boris Bloch erhalten, dem renommierten Interpreten klassischer und romantischer Klaviermusik und Professor an der Folkwang-Universität in Essen. Im Kennedy-Haus in der Kasinostraße unterwies der aus Odessa stammende Pianist die Studenten darin, von ihnen selbstgewählte Werke mit größerer Ausdruckskraft vorzutragen.
Fünfzig Minuten standen den jungen Musiker jeweils zur Verfügung, um ihre mitgebrachten Partituren vorzuspielen. Bloch lobte und tadelte anschließend nicht nur, sondern setzte sich auch selbst an das neben dem Flügel aufgestellte Pianino und demonstrierte Verbesserungsvorschläge oder eigene Interpretationen des jeweiligen Stücks im direkten Vergleich.
„Je besser man selbst schon ist, desto mehr kann man dabei von ihm lernen“, erklärte die 25 Jahre alte Lisa Wellisch, die in Stuttgart Klavier studiert. Lustig sei Bloch im Unterricht, „auch streng, was die Sache angeht. Was ja auch gut so ist.“ Noch luxuriöser solle sie spielen, lautete einer der Ratschläge Blochs an die Pianistin, die Liszt-Paraphrasen nach Richard Wagners Oper einstudiert hatte. In „Elsas Traum“ spürte Bloch etwa der ursprünglichen Orchesterfassung nach, verwies auf das „silberne Schimmern“ der Streicher, das in der Piano-Fassung noch durchklinge und auch zu hören sein sollte. Im Abschlusskonzert präsentierte Wellisch die Paraphrase dann mit zartem Schillern, dem die Verliebtheit Elsas deutlich anzuhören war.
Sechs der neun Studenten hatten sich für Stücke von Liszt entschieden: Eduard Kiprskiy aus Russland interpretierte, gewichtig ab dem ersten Anschlag, die Fantasie und Fuge über B-A-C-H, der mit langen Ovationen bedachte Vasyl Kotys aus der Ukraine die geschmeidigen Liedparaphrasen über Schuberts „Gretchen am Spinnrade“ und „Der Müller und der Bach“, denen er mit ausdrucksstarker Mimik im Vortrag sichtlich nachfühlte.
Für die Konzertetüde „Waldesrauschen“, die sie mit kraftvoller Eleganz vortrug, hatte sich die Südkoreanerin Dianne Heeryun Baar entschieden. Andrii Romanishyn aus der Ukraine brachte eine ebenso verspielte wie melancholisch getragene Interpretation der Ungarischen Rhapsodie in Des-Dur zu Gehör. Der Pole Alexander Krzyzanowski, mit 20 Jahren der jüngste der Meisterstudenten, hatte schließlich den Mephistowalzer „Tanz in der Dorfschenke“ gewählt, den er, dicht über die Klaviatur gebeugt, ebenso expressiv wie eindringlich vortrug.
Aber auch der Namensgeber der gastgebenden Gesellschaft kam im Konzert zu seinem Recht. Viacheslav Ronzhin und Vladimir Matusevich aus Russland und der Weißrusse Yevgeni Spiridonov hatten sich für Kompositionen von Frédéric Chopin entschieden: Spiridionov für die Barcarole op. 60, die er mit schwereloser Anmutung spielte, Ronzhin für leicht perlende, Franz Liszt gewidmete Etüden. Auch Matusevich trug eine der Etüden vor, der er charmant gleitende Kompositionen von Johann Nepomuk Hummel und Paul Hindemith zur Seite stellte.
Rund zweieinhalb Stunden dauerte das Konzert, das den Schlusspunkt einer Woche hochkarätiger Klaviermusik setzte.

Tamara Krappmann

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