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26.09.2012 AUFTAKTKONZERT MEISTERKURS 2012
 

Darmstädter Echo vom 29. September 2012:

Mit Eigensinn und Spontanität

Auftaktkonzert – Die Japanerin Nami Ejiri überzeugt bei der Chopin-Gesellschaft DARMSTADT.

Berückende lautmalerische Intensität entfalteten die zu Beginn gespielten „Jeux d’eau à la Villa d’Este“ aus den „Années des pèlerinage“ von Franz Liszt. Mit feinnervigem Anschlag ließ die Pianistin die Musik in artifiziellen Farben glitzern und funkeln. Auf Liszts zukunftsweisende Wasserspiele, die bereits den musikalischen Impressionismus vorwegzunehmen scheinen, ließ das harmonisch zusammengestellte Programm Werke von Ravel und Debussy folgen.
Mit feinsten Farbschattierungen und prägnanter Rhythmik gestaltete die Pianistin die „Jeux d’eau“ von Ravel, die in ihrer Interpretation neben Momenten faszinierender Klangschönheit auch das nötige Maß an Eigensinn und Spontanität aufwiesen.
In reizvollem Kontrast zu Ravels markanten Konturen stand die Leichtigkeit, mit der Nami Ejiri Debussys im Anschluss gespielte „Reflets dans l’eau“ über die Tasten perlen ließ. Mit großer klanglicher Verführungskraft ließ die Pianistin das Sonnenlicht auf der Wasseroberfläche Gestalt annehmen.
Wunderbar fließend und transparent zeichnete sie auch die zarten Tonschleier in Debussys „Voiles“. Bei allem Zauber, den ihr Spiel verströmte, verlor sich die Pianistin an keiner Stelle in bloßer Klangmalerei, sondern lotete die Musik feinfühlig bis in ihren tiefsten Gründe aus.
Vital und spannungsgeladen betonte ihre Interpretation vor allem den genuin schöpferischen Aspekt in Debussys Musik. Nur allzu gerne überließ man sich der betörenden Gestaltungskraft, mit der Ejiri auch die übrigen Préludes in Szene setzte.
Auch für Chopin schien ihre ausdrucksvolle Tongebung geradezu prädestiniert. Dennoch konnte Nami Ejiri hier als Interpretin nicht ganz überzeugen. Da fehlte es an innerer Dramaturgie. Allzu oft schien ihre Art der Phrasierung an dem eigentlichen Höhepunkten der Musik vorbeizuzielen, weshalb das dramatische Potenzial dieser Werke nur unvollständig zur Entfaltung kam.

Silvia Adler


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